Donnerstag, 30. Mai 2013

46. fortsetzung "nirgendwo"



"der tunnel ist zwischen 20 uhr und 6 uhr geschlossen". das schild hatte ich nicht bemerkt, da ich mich beim eintritt noch in der kötze von oma'rie befand. wenn ich der geschichte rechenschaft schuldig wäre, würde ich das jetzt betonen. ich hatte die nacht, wie gesagt, auf der bank verbracht und wurde von teufeln gepiesackt. als die tore in der frühe aufgemacht wurden, strömte frischluft in den tunnel und ich wurde wach. ich bin dann gleich hinaufgegangen und war schon
vor der frühstückszeit wieder auf meinem zimmer und der erste im bad. als ich mich sehen lies, war frau dürr gerade dabei etwas auf die tafel zu schreiben. sie bemerkte mich und erzählte, "heute wird eine prüfung vorgenommen. alle bewohner werden nach ihrem wirklichen alter gefragt werden, da es zu schwankungen gekommen ist. man hat einige eben noch alt, dann gleich wieder jung gesehen" sie machte einen unbetroffenen eindruck. "bevor nun auch noch hände und füsse verschwinden, und man garnicht weiss, wer da vor einem liegt, soll das geprüft werden. ist ihnen etwas aufgefallen?", fragte sie mich. ich sah sie erstaunt an, hatte sie mich doch gestern erst in die kötze gelegt. wie konnte sie das vergessen haben. "auch in den kellern wird geprüft, das was der buchhalter hat liefern lassen. aber es ist noch nicht in betrieb genommen worden". "was soll das sein?" fragte ich. "es ist etwas räumliches. es soll den keller freihalten, sie können dann, wenn es funktioniert, wie es soll, ihre sachen hineintragen und sie verschwinden auf der stelle. der keller bleibt leer. kein gerümpel mehr in den ecken" ich konnte nicht weiter nachfragen, da  frau dürr  jetzt zu servieren begann, denn familie könig kam zu frühstück. ich setzte mich.  keiner hatte mich vermisst.

"bevor nun auch noch hände und füße verschwinden"

Mittwoch, 29. Mai 2013

45. fortsetzung "nirgendwo"



als ich den himmel reklamierte, verstummten sie schlagartig und blieben so, schweigend und einig. der ankläger sprach. "die reklamation ist gültig. er hat einen himmel. wir können nicht verhandeln". wieder folgte eine zeit des schweigens und der andacht. die teufel hatten zu gehorchen. die behauptung einen eigenen himmel zu haben, hatte sie verpflichtet. ich war den teufeln gleichgestellt. über mich konnte nur richten, der meinem himmel gehorchte. ich war ergriffen. nun musste ich endlich einen himmel einrichten. doch bevor ich hinaufkam, mußte ich hinunter. die planung geschah im grund. der grund lag unter mir. was sollte mir helfen hinabzukommen. der einflüsterer wurde einfach wieder am seil herabgelassen. ich aber blieb in den schnüren hängen. die erwähnung des himmels versammelte die gemeinde. die liturgie schrieb vor, das der prozess mit der signatur des anklägers und jedes beteiligten zu enden hatte. die zelebration der signatur war vorgegeben. die tinte und die pinsel aber waren nicht greifbar. es wurde bestimmt, wer sie zu holen hatte, und der eilte davon. in der zwischenheit entwickelte sich ein diskurs, der lebhaft geführt wurde und allen aspekten ausdruck verschaffte. jeweils ein paar gegensätzlicher art führte den diskurs in sprache oder handlung. der zaghafte zum beispiel traute sich kaum das taschentuch vom boden aufzuheben, sodaß die stürmische einen berg tüchern vorlegte, die allesammt ihr parfüm verströmten und selbst mich weit oben der duft belustigte. so trieben sie ihr spiel voran. der einflüsterer wurde dabei nicht gebraucht, denn vergessenen text gab es nicht. im spiel wurde improvisiert. weit fort schepperte es, das eisentor sprang auf und der kutscher kam mit der tinte. jeder bekam ein gefäss, in das er den pinsel tauchte. sie wurden wieder im stillschweigen versammelt. das eintauchen des pinsels, wurde ähnlich, dem anlegen des pfeils an der sehne eines bogens empfunden. der getränkte pinsel wurde herausgehoben. er tauchte nun in den raum, um die signatur zu vollenden. die signatur war eine hinterlassene spur im raum. der pinsel konnte die signatur in der ferne belassen, indem er sich nicht mehr bewegte, obwohl er noch nichts abgegeben hatte, ein tropfender tor, der schüchtern auf den grund kleckerte. er konnte auch unbedacht, ohne auskunft über den weg zu geben, am grund enden, beim aufprall die haare spreizend schreien. er konnte jedoch auch eine spur hinterlassen, die den raum mit wegen beschrieb. einigen gelang es den raum mit der signatur zu erweitern. andere verkürzten ihn oder schufen abkürzungen im vorher erweiterten. als die signaturen vollbracht waren, lagen sie wie pfade unter mir. manche erreichten mich schon fast. die meister stiegen dorthin hinauf. sie schufen über dem feld in der höhe wege, denen ich folgen konnte. so gelang es mir, mich aus dem gespinst zu lösen und hinabzusteigen.

"als die signaturen vollbracht waren,
 lagen sie wie pfade unter mir"






Dienstag, 28. Mai 2013

44. fortsetzung "nirgendwo"



ich hing in den seilen, gefesselt und zur schau gestellt und wünschte mir einen engel, der mir unter die arme griff, während weit unten, ich hing ziemlich hoch, so hoch, das der einflüsterer keine passende leiter fand, die teuflischen regulatoren durcheinanderliefen und vorerst keine aufstellung fanden, die ihrem vorhaben, das ich schon ahnte, genügte.   schließlich gesellte sich der einflüsterer doch noch an die ihm vorgeschriebene stelle unmittelbar neben meinem rechten ohr. er war wir ein kandelaber hinaufgehieft worden und musste acht geben nicht ins pendeln zu geraten. ich wollte ihm die hand reichen, was er aber ablehnte. "es geschieht, weil du es willst", flüsterte er mir ins ohr. er spuckte beim sprechen und ich putzte mir das ohr mit dem finger, den ich gleich drinn belies, um nichts weiter von ihm hören zu müssen. "verschließ deine ohren nicht!". das war der ankläger, der mir befahl. die teufel waren zur verhandlung bereit, traten einzeln vor den ankläger und gaben an, was sie beizutragen hatten. der verschärfer begann, gefolgt vom beschwichtiger, dann der beschwörer, der ausreder, der verkleinerer, der wortspalter, der weinerliche, der zornige, der absichtliche, der hellseher, der aufzähler, der kerbenschneider, der tagedieb, der stundenweise. endlos schien ihre zahl. den schluß machte der an den haaren herbeigezogene, der noch den fadenscheinigen vor sich herschob. in der zwischenzeit hatte es der einflüsterer doch geschafft, mir angst zu machen. er hatte die zeit genutzt, mir einzureden, wenn ich bereute und die teufel um eine einsicht bäte, wenn ich hinabblickte und das elend sähe, das ich angerichtet hätte in der welt, wäre ich gerettet und dürfe mit ihnen den himmel teilen, den der maler gerade neu einrichtete. "ich habe doch meinen eigenen himmel" rief ich hinab zu denen, die über mich gericht halten wollten.


"schließlich gesellte sich der einflüsterer doch noch
 an die ihm vorgeschriebene stelle
unmittelbar neben meinem rechten ohr"





Montag, 27. Mai 2013

43. fortsetzung "nirgendwo"


ich war hinabgestiegen. der tunnel war abgesperrt. die eisentore ließen sich nicht bewegen. ich schlug dagegen und rief. es drang kein laut hinein, als wäre hinter der tür nur eine weitere menscheleere gegend. das helle bild, das ich in mir trug, verlor sich. ich sah den jungen mit dem hahn in der dunkelheit ausharren. sie bewegten sich nicht mehr. der hahn pickte das stückchen brot nicht auf. der junge hielt es in der hand. keine kerze, kein feuer, keine lampe. ich lehnte an dem tor, abgeschottet, blickte die strasse hinauf. die roten wände schwitzten, das trübe licht zuckte, drohte auszulöschen. nach meiner auferstehung aus der kötze war ich ermattet. ich wußte wie weit und beschwerlich der weg zurück war, und hatte zudem keine hoffnung, oben die tür offen zu finden. ich sank zu boden und schlief ein. unverändert schien es, als ich aufwachte. ein paar mal fiel ich in den schlaf und wachte jedesmal trostlos auf. ich zwang mich aufzustehen und zu gehen. auf eine der immergleichen bänke in den nischen am strassenrand legte ich mutlos hin. ich spürte etwas, ein wispern, töne, die von einem entfernten gespräch herübergetragen wurden. ein gemurmel, das näher kam und deutlicher vernehmbar, ein hin und her von wörtern, fragen und anwort darauf. zwischenrufe. gejammer. schimpfen. brüllen. zwei traten heran und griffen die bank auf der ich lag. sie trugen sie fort, während sie murmelten. einer öffnete die wand gegenüber, indem er sie anbrüllte. die meute räumte die steine aus dem weg. sie trugen mich hinter die wand und warfen mich in die luft, wo ich mich in ein gewirr von schnüren, tauen und unversponnenem verfing und dort hängen blieb.

"zwei traten heran und griffen die bank auf der ich lag"






texte: 1960 -1975: "ohne titelt" (in arbeit)

heute noch 
verbrennt uns der film von gestern 
die augen
spülung mit klaren wasser sind die folge 
oder fahrten in die seebäder 

unter der decke gefrorener wirklichkeit steigen dämpfe giftigen grüns in den vergessenen himmel er stierte durch die milch glaswand schemenhaft tanzte the sturm buche die eisberge schmolzen unter der last der wüste es hatte lange nicht geregnet die felder waren verdorrt die kehlen ausgetrocknet in parma bereitete gott seine flucht vor isoloto ist bereits gefallen die tulpen verblüht die getrockneten blätter in einem plastikbeutel auf Brust hier Luft spielt die Welt blauen Vogel und ich rufe ihn möchte die Kerzen in der Kammer siehst du die Kette der Kalkberge siehst du die Straßenschluchten und Nebenkosten siehst du mich Anita Maria Wörth Wimperntusche blauer liebst du mich das Irrlicht verlässt seine Popel und Klüten in den Tür Forst die Bomber suchen ausweich Ziele im Südosten der Milch stinkst hat sich verzogen the storm buche ich teste der Himmel ist schwarz lila über Hafenstadt ich legte sich kein kann im Wind ich schwebte über das Nitras sich verletzen aus Drochtersen Röhricht wirklich eine Pappmaschee Figuren in Leer Mensch er hat der Mensch ist gegeben bitte geben ab ein anderer Himmel hat sich aufgetan in den Wasserstraßen zu und die Fische die Bude fest bring die Netze Sicherheit wohnstudie Intel Ostend lange Gesichter hinter den Scheiben St Martin stinkt die Luft zerrissen Debitel wurde verlängert von Lasten schlagen wir warten Weihnachtsgänse Strohpuppen Brand auf dem Scheiterhaufen Stutzen Foundation Neon Kugeln Glück durch die Straßen Rose Segel mit Bleistift wurde von Sturm zu wissen wunderground und Nacht Geschichte die beiden Oberammergau geschnitzten Engel Flughafen Siebenstern schickte den Buchdruckerei der hatte die Hände zur Beschwörung du gester gehoben und sagt dass man sieht nur mit den Augen gut Anschrift Stelle korrigierte die Tropfschale Wie heißt jetzt man sieht nur mit dem Herzen gut vor über 10 den Wolken verdunkeln den Himmel während der Mittagszeit rüber ziehen die Kraniche wegen dem Himmel während der Mittagszeit während der Mittagszeit weht der Wind den Duft 300 Router verbunden Erinnerungen das Weib geboren auf Blätter geschrieben der Herbst Wellness Urlaub ruf dich im Tempel was den Wolken trotz dieses grüne Götterspeise follow the rose Flügel flatulieren winzigen Drahtkäfig holzgeschnitzte Lipizzaner Hengst gestellt die Wege ins Gebirge Warfare schneit auf halber Höhe sah ich sitzen gerade den



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Samstag, 25. Mai 2013

Ohne




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Mittwoch, 22. Mai 2013

42. fortsetzung "nirgendwo"


"marie, der hase läuft ins feld! marie, der jäger schiesst! marie, nun mach die augen auf, die schlüsselblumen blühen". ich streckte die ärmchen und wollte raus aus der kötze. marie verschwand mit mir auf dem rücken im keller, die treppe hinab und den gang entlang, an den verschlägen vorbei zu dem ausgang. trübes gelbes licht, schreiender affe, unhörbare fledermaus. die wände gemauert. roter klinker. die wendeschleife nach rechts oder links gehen? egal. gleichweit. keine fuhrwerke unterwegs. marie ging rechts herum. es wird wohl eine halbe stunde dauern, bis sie mich durch den tunnel nach unten getragen hat und wieder ans tageslicht tritt. wir trotteten. marie trottete. der korb hüpfte. ich schaute über den rand. wir waren immer noch unter dem garten. die böschung ist länger und steil. jetzt ging es leicht bergab und weiter ging der weg krumm dahin. ruhebänke unter luftschächten wiederholten sich. ratterndes flatterndes schepperndes blech. husten. marie griff nicht nach hinten. hielt nicht meine hand. der korb wurd enger. "marie, mir ist eng!", ich ragte schon über den rand. marie summte das lied. "das kind wird schwerer, die last ist groß". ich wuchs weiter und würde bald fallen oder mich an maries schultern krallen. marie summte weiter das lied. marie stöhnte, "oh wie schwer ist der korb. ich werde pausieren". vor der bank blieb sie stehen, setzte die kötze darauf und schlüpfte aus dem gurt. ich hielt mich an der wand fest. marie drehte sich um und suchte das kind. "gib es her!", flehte sie mich an. "mach solche scherze nicht, du böser, das kind ist doch klein". ich stieg aus der kötze. "marie, ich bin es doch. vom schütteln gewachsen während des gehens". marie schaute mich an. "zum gruseln habe ich keine zeit. du steigst aus der kötze und verschwunden ist das kleine". "marie, ich wachse. komm lass uns ruhen". marie setzte sich zu mir auf die bank. "noch nie wuchs ein kind so schnell in die höhe. wie nennt man dich denn?". "ach marie, nun schweig!". wir saßen nebeneinander im dunkelen zug. unter jeder laterne erschien ich ihr älter. "marie, oma 'rie, erkennst du mich jetzt? der kleine ist fort. der hahn ist tot. du standst in der tür, mit offenem haar"  marie wollte schnell heim zu dem kleinen. der zug hielt an und zischte. marie nahm die kötze und rannte. "marie, bald komme ich nach!". marie trat ins helle und kam auf den hof. die sonne schien. die schlüsselblumen blühten. der kleine sprach zu dem hahn. marie ging ins haus und schaute in die kötze. sie kochte opa den kaffee und seufzte auf dem sofa. sie wird nichts erzählen.   

"ich stieg aus der kötze"




Dienstag, 21. Mai 2013

41. fortsetzung "nirgendwo"


kleinkerl durfte die krone behalten. der könig war froh, daß seine frau mit den kindern gekommen war. ab jetzt sollte man ihn herr könig ansprechen. bei tisch saß er nun mit seinen zehn kinder und seiner frau wieder beisammen. nur kleinkerl durfte nicht mehr an die tafel. er leistete dafür frau dürr gesellschaft. die krone konnte er aufbehalten. frau dürr mochte ihren goldenen schimmer im kerzenschein. bald war eine woche vergangen und noch eine. an dem morgen kam frau dürr fröhlich an die tafel, machte beim austeilen komplimente und scherzte mit den kindern. es war nicht zu übersehen, sie war jünger geworden. ihr haare waren kastanienbraun und glänzten. ihre augen leuchteten und blitzen, wenn sie lachte. ich war gern in ihrer nähe und dachte mir, sie ist die richtige. als ich ihr flieder aus dem garten brachte, holte sie gleich eine vase. sie richtete die zweige und gab mir einen kuß auf die wange. meine haare waren nicht mehr weiß. auch ich war ohne jeden zweifel dabei, immer jünger zu werden. ich machte mir keine gedanken, ich war ja verliebt. wenn ich abends an der weinbehangenen pergola im garten stand und ins weite land blickte, dachte ich, "wenn sie doch nur neben mir stände". der garten endete hier an der brüstung. dahinter fiel die böschung steil ab. tief unten lag ein kleines haus. "da wohnt die familie nolte", sagte sie. da stand sie neben mir und ich legte meinen arm um ihre schulter. ich fragte nicht nach, sondern blickte hinunter und sah, daß dort vor dem haus im hof ein kind saß. offensichtlich redete es auf den hahn ein, der aufgeplustert vor ihm stand. wir sahen uns an und schauten noch eine weile, was sich dort unten täte. danach folgten ein paar wochen des innigen glücks. ich schlief in ihren armen und wachte in ihren armen auf. dann aber wurde ich wieder jünger. sie aber nicht. als sie merkte, das ich ein knabe wurde, mied sie mein bett und zog sich zurück. nach tagen der verwirrung koste sie mich, wie eine mutter und ich blieb bei ihr am tisch. dafür wurde kleinkerl nun wieder an die tafel gesetzt. er war es gewohnt herumgeschickt zu werden und zahlte mit schabernack, auf den ein wutanfall folgten konnte. herr koenig wußte jedoch mit ihm umzugehen und mit den kindern verstand er sich ja. ich wurde immer jünger und wußte nun nicht mehr, daß frau dürr nicht meine mutter wahr. ich versank erneut im glück, wenn ich in ihren schoß lag. da geschah das unglück, daß frau dürr in das alter, das sie eigentlich hatte, zurückfiel. da war sie nicht mehr in der lage mich zu behalten. ich hatte das kleinkindalter, als ich schon gehen konnte, verlassen und krabbelte nun über das parkett. frau dürr faßte den entschluß mich fortzugeben. die übrigen gäste hatten die wandlungen mit interesse verfolgt und hingenommen. frau könig las den fortsetzungsroman, der täglich in der tageszeitung erschien, mit grosser anteilsnahme und fühlte sich gut unterhalten. herr könig scheute, ihr ins gewissen zu reden. sicher hätte er, wenn es nach ihm ginge, mich in seine kinderschar aufgenommen. so wurde ich, als wieder einmal die gemüsefrau heraufgestiegen war und ihre kötze geleert hatte, dahinein gelegt. frau dürr schneuzte ins taschentuch und bat die frau mich vorsichtig hinabzutragen. nun kam ich hinunter ins häuschen zu familie nolte, das sie mir einst, als wir beide gleich jung waren und verliebt im garten standen, zeigte. ich kam zu dem knaben, den ich gesehen hatte, als er mit dem hahn zu reden schien, und wurde sein bruder.


"frau dürr schneuzte ins taschentuch und bat
 mich vorsichtig hinabzutragen"






Sonntag, 19. Mai 2013

40. fortsetzung "nirgendwo"


frau dürr nahm meine münze und legte sie in den kasten. "gehen sie ruhig in den garten. der könig fragte schon nach ihnen. er ist nicht gern allein. kleinkerl hüpft zwar immer um ihn herum, aber der narr allein macht ihn nicht froh". "wo ist den sein königreich? ist es weit dorthin? warum ist er hier? hat er abgedankt?" frau dürr zögerte. "fragen sie bitte den könig selbst. ich plaudere nicht über meine gäste". im garten lag der könig in der hängematte. kleinkerl wedelte mit dem fächer. ich stand abseits und lauschte den vögeln, die viel zu erzählen hatten. aber ich verstand es nicht. "auch nur geschwätzt", dachte ich. kleinkerl beobachte mich aufmerksam, während er fleißig fächerte. der könig schlief. kleinkerl beugte sich über ihn und schaffte es, ihm die krone von kopf zu nehmen, ohne ihn zu wecken. er hielt sie hoch und setzte sie auf. er wackelte heftig, ohne das sie ihm vom kopf fiel. "passt!" rief er, hielt dann den finger vor die lippen, "ruhe! der könig schläft". er kam zu mir rüber. "nicht übel" und fasste mit beiden händen die krone, lupfte sie und setzte sie ganz langsam zurück. die passenden worte zur krönung fielen ihm nicht ein, so sagte er nocheinmal "passt". er griff meine hand und er war gleich das kind, das ich durch den garten führen soll, um ihm die welt zu zeigen. er lies los und war wieder kleinkerl. "kleinkerl, wo sind eigentlich die kinder?". das lies er sich nicht gefallen. "bist du dumm?", schrie er mich an. er drehte sich weg, ging in die knie und hielt sich beide hände vors gesicht. wütend sprang er an mir hoch und schaffte es mich umzuwerfen. auf dem boden liegend drehte er mir die nase um. "au", schrie ich, "au". ich sah sterne und dann kinder. sie standen mit frau dürr um mich herum. "zuviel sonne", sagte frau dürr, die mir mit einem feuchten tuch auf die stirn tupfte. "oder zuviel maibowle", kicherte kleinkerl. er hielt mir den durch die finger gesteckten daumen vor. "bin ich nicht ein naseweis" sang er. er sang einen tiefen bass, konnte aber auch die tonleiter hinauf. frau dürr duldete aber nur die tiefen töne. "kleinkerl, nicht so schrill", rief sie und hielt sich die ohren zu. mir kamen die sinne zurück und frau dürr erschien mir viel jünger als gestern. kleinkerl sang nun: "mit jedem tag wird man jünger und jünger". ihm fiel kein reim ein und so wiederholte er "jünger" solange, daß auch ich mich wieder jung fühlte. frau dürr bat kleinkerl mir aufzuhelfen und verbot ihm mich wieder zu schubsen. "er hat die kinder nicht gesehen!", empörte er sich wieder, bekam aber keinen wutanfall mehr. die kinder sprangen wieder herum und hörten mit dem spielen nicht auf. der könig war wach und umfasste mit beiden händen meine hand und drueckte sie kräftig. "schön, daß es ihnen wieder gut geht! so eine ohnmacht, macht einen doch sehr blass. aber nun ist er wieder unter uns!" dabei zwickte er mir in die backe und lobte die röte. "kommen sie!, setzen sie sich in den schatten". er ging voran und führte mich in die laube. die maibowle wurde frisch gebracht und die kinder bekamen wackelpudding.

"ruhe! der könig schläft"





Freitag, 17. Mai 2013

39. fortsetzung "nirgendwo"


das bad war besetzt. kleinkerl kämmt gerade die haare über die abgesägten hörner, die ihm der könig mit einer feile kurz hielt und mit bims fein nachschlief. "ein tropfen öl, kann nicht schaden", kleinkerl kämmte das haar noch einmal beiseite und polierte sorgfältig, was einmal zum ziegenbock gehörte. ich spähte zum oberlicht hinein und erwischte kleinkerl bevor er das haar das zweite mal heute morgen über die verbliebenen huppel kämmte. er schien unzufrieden, denn trotz dem haar darüber, sah man die beulen. der arme teufel, muss er wohl wieder unter die feile. kleinkerl sah ein, das es sich nicht besser verbergen lies und legte den kamm beiseite. "na! hast du alles gesehen?", raunzte er beim rausgehen,  "wenn du mich verpfeifst, trete ich dir in den hintern!". er grimassierte heftig, fand aber inmitten der grimassen keine die er behielt. sein gesicht nahm einen teilnahmslosen ausdruck an. er hatte es satt mit den blicken. "muss ich denn immer herausschauen, kann mir nicht mal jemand in die augen schauen?". als es so teilnahmslos dastand, fast traurig, da schaute ich ihm in die augen. er hatte tiefgrüne augen. "was schauts du mir in die augen, willst du mich einschläfern?". "ich habe dich gerade aufgeweckt, du warst schon dabei wieder einzuschlafen. willst du nicht nochmal ins bad zurück und eine kalte dusche nehmen?". das wollte er nicht und wischte mit der hand durch die luft. er lies mich stehen und verschwand. ich nahm dann die kalte dusche und schlüpfte in die wäsche. zum frühstück erschien ich nicht. ich konnte mir beim hinausgehen ein brötchen aus dem korb angeln. draußen war es garnicht mehr ruhig. von überall ein klingklang von metall. dazwischen laute stimmen, die sich zu einem gewirr von worten und silben verwoben. namen, rufen, lachen, auch bellen, wiehern und zwitschern waren dazwischen. ich trat unter die leute und war in der menge aufgenommen. das hämmern kam aus den vielen offenen werkstätten zwischen den häusern. "hier wird umgemünzt", warben sie ihrer kundschaft entgegen. zeichner und fotografen waren dabei die entwürfe zu fertigen. ich erkundigte mich, wie ich zu meiner münze käme. das haus, wo die münzen ausgeteilt wurden, lag inmitten der werkstätten. es gab aber keinen tresen, sondern nur viele tische. ich nahm platz und las die auf dem tisch erscheinde anweisung durch. ich zog den schein, den mir der buchhalter gegeben hatte, hervor und legt ihn, wie beschrieben, auf die fläche. daraufhin erschien eine freundlicher avatar auf der scheibe und verkündete, "ich begrüsse dich und erfülle deinen wunsch nach münzen gern", dem fügte er ein paar gereimte phrasen hinzu, die zur erheiterung gemeint waren, und kicherte den rest der ansprache. am schluss teilte er mir mit, das der schein des buchhalters nicht mehr galt, aber, da strahlte er, nur deshalb, weil garkein schein mehr gefordert wurde. alle münzen bekam jeder jetzt selbstverständlich, so wie er sie brauchte. für besonders grosse mengen ständen pferd und wagen bereit. ich brauchte weder pferd, noch wagen, sondern wählte die kleinste menge, die zur verfügung stand. ich wollte mich nicht belasten und die taschen meiner einzigen jacke nicht strapazieren. zum ummünzen bekam ich ratschläge. die münzen waren nur auf einer seite geprägt. die   andere seite sollte ich in einer der werkstätten fertigen lassen.  ich entschied mich für besonders leichte und dünne münzen. obwohl ich der nächsten werkstatt vertraute, wollte ich erst einmal etwas herumschauen. ich beobachtete das vorgehen, bis ich es verstand. schließlich trat ich in eine freie werkstatt. ich reichte meine münzen herüber und nahm platz. "leichte münzen zum fügen", riefe er dem, der es machen sollte, zu. er fragte mich, ob ich gezeichnet oder fotografiert werden  wolle. ich wollte gezeichnet werden und der zeichner war schon zur stelle. er blieb beim zeichnen stehen und war im handumdrehen fertig. mit seiner zeichung war ich zufrieden, hielt mir aber zur überprüfung noch einmal den spiegel vor. ja das war ich. das gravieren und zusammenfügen der münzen sollte gleich erfolgen, doch man erbat sich etwas zeit und schickte mich für eine weile fort.

"kleinkerl kämmt gerade die haare über die abgesägten hörner"



Montag, 13. Mai 2013

38. fortsetzung "nirgendwo"


"ich möchte nicht, daß sie im katzenfell aufs bad gehen, maunz könnte ihnen über den weg laufen", sprach frau dürr zum könig. "wenn sie sich nicht einsichtig zeigen, dann gehen sie zurück in ihren palast". der könig lenkte ein und versprach auf das fell zu verzichten. er wollte nicht zurück. "dort können sie unter ihr leopardenfell kriechen und wenn ihnen dann der wasserbüffel auf den kopf fällt, geschieht es ihnen nur recht", eiferte frau dürr weiter. der könig bedeckte sich mit dem handtuch, nahm die krone vom waschtisch und entfernte sich. 

"ich möchte nicht, das sie im katzenfell
auf's bad gehen!"

frau dürr sah sich im bad um. der bubikopf gedieh und auch die pantoffelblume. das bemerkte sie und atmete tief durch. ihre brust hob sich unter der gestreiften bluse. sie strich den rock glatt. dann inspizierte sie badewanne und waschbecken auf ihren gebrauch. bei der männergesellschaft, die sie beherbergte, bangte sie stets, das etwas anderes außer wasser durch die abflussrohre floß. da läutete die glocke. sie ging zum öffnen. "was führt sie zu mir?", fragte sie mich. ich zog den zettel aus der jacke, den mir der fischtäuscher hineinsteckt hatte und gab ihn ihr. sie hielt die augengläser vor und las. sie sah mich an. "ich habe noch ein zimmer, das ich ihnen zeigen kann. kommen sie". ich folgte ihr. sie ging voran. der flur war angenehm kühl. blumenkübel und pflanzen auf säulen und auf bänken begegneten mir auf dem weg. ich war nicht allein. eine katze flüchtete und verbarg sich. das zimmer lag nach hinten zum garten. es hatte einen geschlossenen balkon, der sich im sommer weit öffnen lies und zugang zum garten bot. ich wurde zwar angewiesen, den hauseingang zu benutzen, behielt mir aber vor, gegebenfalls nicht zu gehorchen. sie sah mich an. "die hausregeln sind einzuhalten,und dies sind sie", sie verwies auf eine gebundene karte, die auf der kommode lag. ich schaute hinein und entdeckte dort auch die essenszeiten. es war nicht weit bis zum abendtisch. "tragen sie ihr gepäck nur herein und kommen sie dann in den speiseraum. sie müssen zurück in die diele, dann werden sie ihn schon finden". "das gepäck kommt wohl nicht". sie betrachte mich. "der fischtäuscher hat aber ein händchen, mir immer seltsame gäste zu finden. einen könig ohne reich, hat er mir letztes jahr geschickt. vor einigen monaten den kleinen kerl, vor dem ich mich immer noch erschrecke und nun einen bursche ohne gepäck". ich versicherte ihr, das ich bald versorgt sein würde. ich würde mich morgen darum kümmern, die mittel, die mir der buchhalter überlassen hatte, umzumünzen und die geforderte miete im voraus zu entrichten, dann den schneider aufzusuchen. "in einer halben stunde!". sie ließ mich allein und ich sank auf das herrliche bett. ich wäre sicher gleich eingeschlafen, wenn nicht hinter dem vorhang, ein hässlicher fetter kleiner mann hervorgetreten wäre. er stand vor dem bett und sah mich böse an. da er sonst nichts veranstaltet, das mich störte oder gar eine rauferei anzettelte, betrachtete ich ihn gründlich. "du kommst vom maler. das seh ich dir an. ich will nichts wissen von ihm, nichts, lass mich in ruhe". ich dachte garnicht daran, ihm vom maler zu erzählen. "ich will auch nichts von ihm wissen, im moment", schränkte ich ein, "aber so hat er mich nicht erschreckt", log ich. aber was ging das den kleinen kerl an, den ich zum ersten mal sah. "kleinkerl", rief es. frau dürr suchte ihn. er sah weiter böse drein und ging. ich wartete einen moment und folgte. in der diele trug frau dürr die kartoffeln zum speiseraum. so ergab es sich von selbst, das ich bald auf meinem platz neben dem könig saß, mir gegenüber kleinkerl. frau dürr zog es vor allein zu speisen.
"er stand vorm bett und sah mich böse an"





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Dienstag, 7. Mai 2013

37. fortsetzung "nirgendwo"



meine kleider waren wieder trocken. ich kauerte auf der bank vor der hütte. über den see hin schnitt glockenläuten die schwere luft. jedenfalls keuchte sie. die wellen der heimkehrer schlugen herab. der fischtäuscher kam heraus und flitzte zum steg, warf seinen arm, hatte keine angel. er griff zum himmel, zupfte watte aus der nebelwand. es hatte sich zugezogen. er kam mit leeren händen zurück. als er sie mir auf die stirn legte, waren sie angenehm kühl. er setzte sich an meine schulter und lehnte sich an. er summte ein lied an. er brach ab und blieb ruhig sitzen. ich war eingeschlafen. irgendein tuch knatterte und zog. ein pfahl ächzte und gab nach. in der hütte war licht. ich folgte dem fischtäuscher hinein. er winkte mich ans fenster. "das ist der wasserturm". er zeigte ins dunkel, aber ich sah nur eine motte unter der lampe hindurchfliegen. ich starrte, weil er fortfuhr zu reden, weiter dahin, bis ich endlich glaubte einen fleck, der ein fenster sein könnte oder eine papierlaterne, zu sehen. "das ist der wasserturm und er wohnt immer noch da". "der maler?" fragte ich. "nein, der nicht, der wasserheld. du selbst hast ihn dort abgeladen, aber du hast es wohl vergessen". er drängte mich nicht und ich erinnerte mich nicht. "es ist ein alte geschichte. wir werden ihn nicht aufsuchen. es sei denn, er schiesst auf uns, von da oben. das würde ich nicht lustig finden". "weißt du", sagte ich, "ich will nicht zurück zum buchhalter. ich möchte gern ein eigenes zimmer zur miete". "wenn du morgen früh davonläufst, dann greif in die jacke. ich habe dir einen zettel hineingesteckt, ein adresse, dort kannst du fragen. aber jetzt", er griff die laterne, "kommst du mit und siehst dir an, was ich dir zeige". er ging sofort los und hielt die tür auf. die sterne waren zu sehen, da die wolken hinabgesunken waren und uns bis an die knie gingen. wir stiegen hindurch und ich folgte dem fischtäuscher, der voranging und die laterne hochhielt, bis zum schuppen. er war größer als die hütte in der er hauste. es war ein bootshaus, und im wasser, das vom see hereinschwappte, bewegte sich der nachen. er ging die stiege hinauf und stellte die laterne ab, um mit dem kienspan weitere lichter anzuzünden. durch die dielenritzen drang das dunkele von unten. der raum war hoch genug einen abstellboden aufzunehmen. der war etwa halb so breit und folgte der länge. wir gingen zuerst darunter und er leuchtete an die decke. bis auf ein kuheuter, das herabhing, gab es nichts zu entdecken. "da fehlt eine zitze". "ja, das ist für mich", sagte er, "da komme ich hinein. bleib stehen". er gab mir die laterne und ich hörte ihn nach oben steigen. über mir kam er zurück. nach einer weile sah ich die fehlende zitze ersetzt. "siehst du", rief er von oben. "will ich nicht", und sah weg, "komm wieder her". als die zitze verschwand, musste ich doch grinsen. "komm rauf" rief er. "nein, das mach ich nicht", rief ich, im glauben, ich solle es ihm nachmachen. "aber ich will dir noch etwas zeigen, etwas anderes". er nahm mich an der leiter in empfang und half mir rauf. "halt die lampe hoch". beide laternen erhellten den raum hinter dem loch für das falsche euter. ich erschrak mich so, das ich starr war. dahinten hockte auf einem kissen eine gestalt, die sich nicht regte. sie verbarg sich in einem dunklen umhang. der fischtäuscher nahm mich an die hand und löste mich. wir näherten uns, und ich blickte auf eine mumie, die im schneidersitz erstarrt, einen breitkrempigen steifen hut auf den kopf hatte. auf der krempe pappten stummel heruntergebrannter kerzen. um die schulter waren grüngefärbte hasenfelle, sammt köpfen und pfoten, gelegt und im schoss über den gefalteten händen schwebte eine glühende eierkohle. "der maler", flüsterte der fischtäuscher und schwenkte die laterne, er schwenkte dabei eine weihrauchkugel. ich fiel in ohnmacht und träumte zu schlafen. mich zog etwas am zipfel und ich schrie. da hielt mir der fischtäuscher den mund zu. es war heller morgen und unter uns war jemand. "still, sonst merkt sie den schwindel". der kerl hatte mich in meiner ohnmacht über das euter gelegt. und wie abgesprochen, hatte sie daran gezogen. ich rollte mich herum und suchte die hose. sie lag dort, aber der maler war fort. "komm jetzt, sie ist fertig". unten gab er mir ein stück brot und einen räucherfisch mit auf den weg. er drückte mich an sich und wünschte mir glück, als ich ging. "der zettel", rief er mir hinterher.   


"still, sonst merkt sie den schwindel"

Freitag, 3. Mai 2013

Ohne

der abend war gekommen. ich trat hinaus und ueberquerte die strasse. ein laternenpfahl ragte schraeg aus dem pflaster. es hatte sich abgekuehlt. es regnete nicht mehr. die luft war in bewegung geraten. der wind blies mir die wenigen tropfen ins gesicht. der baum bewegte sich.  aeste verwischten das licht der lampen und wedelten ueber mir. ich schauderte vor der kraft. alles was ich ersehnte, dem ich vertraute und das ich liebte, schien sich mir wieder zu naehern. ich suchte schnell nach einer art, die mir den schauderhaften einfall ernst zu nehmen und zu bewahren half.