Montag, 30. September 2013

74. fortsetzung "nirgendwo"




schlag zwölf ging die tür auf. knarrend. sie wurde von außen aufgestoßen und gleich wieder geschlossen. die beiden, die herausstürzten, als hätte sie jemand gestoßen, landeten auf dem fußboden.  es ist immer dasselbe, wenn um zwölf die wendetür aufgeht, dann werden die hinausgeworfen, die sich drüben versteckt hatten, um nicht bis zum nächsten wochenende warten zu müssen. dummköpfe, wissen sie denn nicht, das in der woche nichts läuft. da wird alles abgeschaltet und keines der mädchen winkt mit dem finger, wie am sonntag, wenn hochbetrieb ist und kitti, katti, ketti, kotti, kutti locken, auch klone. aber das fällt den männern nicht auf. sie bekommen, was sie wollen, geschminkt oder blind. dann aber schlagartig türschluß. vorher drei sirenen, dissonant und störend, wie es sein soll, dann rattengang, dann rindergatter, dann zurück ins dorf. doch wer sich jetzt versteckt hat, wundert sich zuerst, bevor er sich fürchtet, im dunkelen, im nichts, im garnichts. er wird wahnsinnig, denn keine wand, kein möbel, kein fußboden, garnichts ist noch da. er sackt zusammen, hockt oder liegt oder steht oder geht im garnichts. fünf tage lang. dann taucht ein kehrmaschine aus dem garnichts auf, bedient von einem kleinen mann mit runder brille und guten manieren. die bummler starren ihn an. sie können kaum sehen, nach tagelanger dunkelheit. deshalb hält der mann die lampe auch gedämpft. blenden soll er sie nicht. das ist nicht sein auftrag. er sieht die bummler freundlich an, reicht ihnen sein pausenbrot und wartet, bis sie es verschlungen haben. er gibt ihnen auch zu trinken. dann weist er ihnen den weg zur tür und öffnet sie. das reicht aus. sie stürzen von selbst hindurch. es ist kein arschtritt nötig. sie kommen auch so ins straucheln. landen auf dem boden. junge burschen. das erste mal drüben. zum gelächter der alten säufer. doch diesmal sollte dem schrecken noch einer folgen. gerade als die säufer anfingen schadenfroh anzüglichkeiten brüllend in den raum zu spucken, die jungen an ihren tischen herumzerrten, bis sie endlich sitzen durften, "bier her!" riefen die säufer, da begann ein toben in der luft. eine gleissende helle drang herein. sie waren gelandet, die rhabarberinnen, um zu richten. als ich wieder sehen konnte, erblickte ich die stangendürren rhababerinnen, wie sie hereinkamen und stehen blieben. sie nahmen kaum raum ein, so dürr waren sie und so waren es wohl an die zwanzig, die dort standen. eine begann mit dem schnarren, das sich mit nachhall übersetzte und verständlich wurde, wobei betonung und gewohnte pausen fehlten. die rede erklärte, daß jetzt ein gericht gehalten werde, über die, die beteiligt waren, mit wort oder duldung, an dem, das tipsi angetan wurde. am ende der rede herrschte stille. die einen schwiegen vor furcht und die rhabarberinnen schwiegen einfach und warteten ab. nach einer weile hatten die säufer sich vom schock erholt und wollten aufbegehren. da funkte ihnen aber sofort eine welle entgegen, die sie auf den boden warf. danach versuchte keiner mehr was. "sie warten auf tipsi", sagte der maler.



""bier her!" riefen die säufer,
 da begann ein toben in der luft.
eine gleissende helle drang herein.
sie waren gelandet, die rhabarberinnen, um zu richten"




Freitag, 27. September 2013

73. fortsetzung "nirgendwo"




"hier!, passen sie auf ihren führer auf, meine herren", der maler hielt die erbse hin und die schnauzbärte griffen nach ihr, dabei fiel sie wieder zu boden und sie krochen auf der erde herum. "und denkt daran, immer gut wässern, das hat er gern, und noch etwas, der tip des tages, ab in die
wanne, die erbse behutsam in der hand gehalten und dann baden die herren nackt mit ihrem führer, na! ist das nichts? und nun empfehlen sie sich, ich wünsche noch zu plaudern", er zeigte auf mich, "mit punkt karo und wenn es die ganze nacht dauert, keine störung mehr, bitte, punkt!". die schnauzbärte, die ihren führer nun wieder in der hand hielten, der rote durfte ihn halten, verabschiedeten sich rückwärts gehend fortwährend dienernd. "fein! fein!", riefen sie, "ganz fein! ja ein bad, ein bad wäre ganz fein!" "sie sind nun beschäftigt und wir tagen weiter, punkt karo". ich war mit dem maler bisher nicht warm geworden, zu fremd war er mir und die art, in der er sich gab, an der theke, vor den leuten, als wäre er ihr herr, gefiel mir nicht. "maler, hast du den keinen namen?", fragte ich hölzern. "nein, den tragen wir generellen nicht", erklärte er mir und wieder störte ich mich am ton, "es sei denn jemand gibt uns einen, den dulden wir, wenn er nicht arg ist". ich fuhr fort, vergaß alle regeln eines leichten gesprächs und fragte erneut, ohne daß sich bei mir wissbegier abzeichnete, sicher blass und mit müden augen, "maler, hast du schon bilder gemalt". verunsichert, ob ihn meine art zu fragen nicht störte , fragte ich noch steifer, "hast du schon ein bild gemalt?" jedes kind hätte besser gefragt. ich fragte so, als läse ich die fragen vom zettel ab. "bilder habe ich gemalt", antwortet er, "ich nehme es nicht so wichtig, wie die künstler, aber es ist durchaus amüsant. das elektrische bringe ich dort lieber nicht hinein, wie einst der generelle, der ein porträt malte, das anstelle des darstellten alterte. er verlor sein ansehen und seine fähigkeiten und bemalte danach nur noch porzellan". wohl vom ärger über seine hochnäsige art, schoß mir wieder blut in den kopf. bevor ich etwas einwenden konnte fuhr er fort, "ich sehe künstler, die versuchen ihre bilder  lebendig erscheinen zu lassen und ruhen nicht damit, bis es ihnen scheinbar gelingt. kein wunder, daß ihnen geister und daimonen von hinten die stirn graulen und um die brille streiten, sie zu halten. aber es ist ihnen freigestellt, etwas erobern zu wollen, an das wir schon gebunden sind". dann kam er auf mich, "deine signaturen sind gut, zumindest teilweise funktionieren sie, aber was soll die zweite durchscheinende signatur auf der rückseite, das verträgt sich nicht, laß das sein. ich sehe, du versuchst die elektrische farbe nachzuahmen, mit dem fuzzeligen pinsel, gut daß du keine hast, sonst wirst du uns noch begeistern", er lachte darüber.  fragen vom zettel brauchte ich nun keine mehr. ich versuchte wieder etwas über tipsi herauszubekommen. jedes mal wenn der name "tipsi" fiel, kam unruhe in der schenke auf. einer der betrunkenen lärmte, "die hure hat hans und georg getötet". ich wollte hin und ihm sein glas ins lästermaul hauen. der maler hielt mich aber am ärmel, "lass nur, das wird ihm bald heimgezahlt, warte nur, bald", raunte er vielsagend. unser gespräch wurde allgemeiner. es kreiste um ort und umgebung, wie man wohin käme. der busverkehr war immer noch unterbrochen und ein fußmarsch zur stadt würde durch sumpfland führen und war wegen der riesenschweine gefährlich. "aber", wandte ich ein und zeigte auf die säufer, "die müssen doch auch mal raus, die sitzen doch nicht tag und nacht hier". sie klotzten herüber. "wo gehen sie sonntags hin?". "na, durch die wendetür", sagte der maler und zeigte in den gang, der zum klo führt.  ich sah aus dem dunkel heraus kaum sichtbar eine tür, eine blechtür anscheinend, die ich als zugang zum vorratsraum gedeutet hätte. "da habe ich aber noch keinen hineingehen sehen", sagte ich. "es ist nur am wochenende geöffnet". "und was ist dahinter?" "alles weitere, zuerst ein bordell, dann die kirche und letzten endes auch der schlachter. letzten sonntag, kam einer mit einem halben tier über der schulter heraus, ihm folgte die witwe von georg, dem georg der in der mühle war und bitter bezahlte, für das was er tipsi antun wollte". "was ist passiert, maler?", flehte ich ihn an, "du weisst es doch mehr, erzähl nur!". "gut, dann die geschichte, die böse endete, als zwei..", er stand auf und erzählte sie laut,".. besoffene kerle beschlossen noch spaß zu haben, und weil die wendetür geschlossen war, es war ja erst dienstag, na, was haben gerufen, ihr wart doch alle hier, ihr habt es doch gehört und sie noch angeheizt, "ja geht zu tipsi, und nehmt sie euch, nehmt sie euch..", das habt ihr geschrien, besoffen, bis sie gingen. was dann in der mühle passierte, werden wir bald erfahren, wenn tipsi zurückkommt, und sie kommt zurück, das verspreche ich euch, die rhabarberinn kommt zurück!". dann setzte sich der maler wieder, den ich nun bewunderte, weil er so aufbrauste. die säufer lallten wieder unter sich, tuschelten leiser und patschten sich selbst über die wange, wischten sich mit dem handrücken den schweiß von der stirn, bekamen wieder etwas eingeschenkt und starrten wieder ins glas. ich sah nach der blechtür, der angeblichen wendetür, "ja, kann man nicht durch sie in die stadt kommen. irgendwo muss es doch dahinter rausgehen?". "nein, erklärte der maler müde, "alles dahinter ist ein geschlossener raum. ich weiß noch nicht einmal, wo er angesiedelt ist, vielleicht garnicht auf der erde. bisher hat noch niemand mit der spitzhacke gegen die wände gehauen". 




"die schnauzbärte, die ihren führer nun wieder in der hand hielten,
 der rote durfte ihn halten,
verabschiedeten sich rückwärtsgehend fortwährend dienernd" 





Dienstag, 24. September 2013

72. fortsetzung "nirgendwo"


"da kommt punkt karo!", riefen die schnauzbärte, beinahe zeitgleich und schlugen die beine übereinander, mehrmals wechselnd, im rhythmus, als führten sie ein tänzchen auf, dabei hielten sie die arme verschränkt, und riefen "hossa!". sie wiederholten sich. "da kommt punkt karo! hossa!, riefen die schnauzbärte, beinahe zeitgleich und schlugen die beine übereinander, mehrmals wechselnd, im rhythmus, als führten sie ein tänzchen auf, dabei hielten sie die arme verschränkt, und riefen "hossa!". den maler hatten sie zwischen sich an der theke. als ich den "krug" betreten hatte, fing ich mir einige blicke ein, die köpfe senkten sich aber gleich wieder über die gläser. ich trat vor die schnauzbärte, "geht weg, ich will mit dem maler sprechen!". "punkt karo", zogen sie meinen namen genüßlich in die länge, "ist keck. wir sollen vom fleck. keck. keck".  sie zeigten auf den maler. "schau, der maler will nicht sprechen, er dreht sich nicht, er will wohl nicht". der maler saß wirklich mit dem rücken zu mir und blieb reglos, ohne es den säufern gleichzutuen, die zusammengesunken an den tischen hockten. er saß entspannt. ruhig mischte er sich ein, "lasst mich allein mit punkt karo", bat er, ohne sie anzusehen. die schnauzbärte streckten die beine von sich, drehten daumen und wackelten mit den köpfen. dann knallten sie die hacken zusammen, sprangen von den hockern und klopften mit den knöcheln auf den tresen. "pass auf maler, er wird es dir vielleicht nachtragen, sein schönes haus, alles verbrannt" sie begannen einen abzählreim lautlos aufzusagen und machten so als rieben sie sich tränen aus den augen. "wir sind bald wieder da", sangen sie fast und verschwanden nach oben. der maler drehte sich um und sah mich ernst an, "punkt karo, so sehen wir uns wieder". ich hatte ihn damals kaum wahrgenommen, als er mir aus dem ohr fiel und sich davonmachte. nun sah ich ihn das erste mal deutlich vor mir, den maler, den mir der buchhalter nahe bringen wollte. was machte er nur hier bei den schnauzbärten. "wo ist tipsi?", sprach ich ihn an, den ich war in sorge um sie, "was wolltest du bei mir, wer hat feuer gelegt?". "komm", sagte er, "wir setzen uns dort ins eck. herr wirt, zwei tee!". wir saßen am stammtisch, der bunte wimpel zog eine grenze und wir gossen sahne in dampfenden tee, der noch knisterte. nachdem der maler einen schluck getrunken hatte, sah er mich an, "die rhabarberinn ist verschwunden, sie ist wohlauf. doch die polizei sucht sie", begann er mit der antwort auf meine fragen. er zögerte, es wollte ihm nicht über die lippen, denn der vorwurf gegen tipsi war ungeheuerlich, "sie wird wegen mord gesucht" "was...?, wegen mord, das ist doch ganz unmöglich, wen soll sie denn umgebracht haben. tipsi doch nicht!" "du hast die mühle gesehen?", fragte er. "ja, da hat es auch gebrannt". "nicht nur das! man hat nach dem löschen zwei männer aufgefunden, zwei aus dem dorf, tot, und nicht durch den brand. die rhabarberinn hat sich aber retten können, da bin ich sicher. mehr weiß ich nicht!". ich war verwirrt und immer noch besorgt. "was willst du hier, maler, bei den schnauzbärten, weiß den der buchhalter davon?" "ich will nicht darüber reden, es muss geheim bleiben, nur das, was du eh erfährst, die schnauzbärte werden sich schon brüsten, mich hier zu haben". "also bist du nicht gezwungen und könntest fort, auf der tinte. kannst du mich nicht zurückbringen, zum buchhalter vielleicht, meine reisekammer ist mit verbrannt. oder weisst du eine reisekammer hier im ort?". "nein, ich will bleiben und tinte hab ich auch nicht genug, auch keinen pinsel. ich fürchte, du kommst auch nicht hier weg". "was wollen die schnauzbärte von dir?". "denen genügt es, wenn ich scherze. hauptsache, sie glauben mich zu haben, des buchhalters generellen". er schwieg und wir nippten am tee. nach einer weile sagte der maler, "so, sie werden sicher gleich wieder runterkommen", und sah zur treppe. "zeit für eine vorstellung! sieh her, siehst du die erbsen hier? das sind keine erbsen, nur tarnung, kleiner scherzartikel, warts ab, wenn sie die treppe hinabkommen, dann gehst los". er nahm ein erbse heraus und barg sie in der hand. "reich mir mal die vase, ah, gut, ist nach wasser drin". er stellte die vase auf den tisch zu dem wimpel. da polterte es auch schon auf der treppe. "sie kommen", sagte er und hob die blumen an, um die erbse ins wasser zu werfen, "wenn es mal sein muß, bekommen sie eine in den whisky!". da standen die schnauzbärte bereits am tisch. bevor sie aber sprechen konnten, ging die erbse los. die blumen flogen aus der vase. dann krabbelt noch etwas heraus. es zog sich hoch, ergriff den vasenrand und stemmte sich hinüber, lies sich fallen. es rollte vom tisch, kam auf die füße und entfaltete sich direkt vor den schnauzbärten, das bild ihres führers stand im prunkrahmen auf nackten beinen und es tönte die hymne des doktors, der sie geschaffen hatte, denn sie waren klone. die schnauzbärte standen sofort stramm und salutierten, zogen sich gegenseitig am bart, schrien wenn es wehtat und gaben sich den bruderkuss. "plopp" machte es, als die verirrten zungen aus den mündern flutschten. das bild des führers fiel ihnen zu füßen, der doktor krächzte, die stimme versagte, dann war es weg. sie sahen sich verdutzt an und sagten, "nicht wahr, es war doch der führer!". "ei", sagte der maler, "eine erbse!" und hob sie auf. 



"sie sahen sich verdutzt an und sagten,
"nicht wahr, es war doch der führer!".
 "ei", sagte der maler, "eine erbse!" und hob sie auf."




Mittwoch, 18. September 2013

71. fortsetzung "nirgendwo"


ich hatte keinen knopf im ohr, hörte aber stimmen, eine stimme. eine stimme, die ich kannte, weil er genau dort gesessen hatte, der maler, im ohr. "bist du wieder in meinem ohr?", fragte ich, denn ich wollte ihn, falls es so ist, nicht mit dem finger zerdrücken. ich hörte nichts, keine antwort. als ich dachte, "habe ich mich wohl getäuscht", kam sie, "du hörst mich und ich höre dich", sagte es im ohr, "nein, ich bin nicht im ohr. ich bin hier im zimmer, zum krug, im dorf!". "aber warum höre ich dich denn?". "habe an dich gedacht, still!...", dann hörte ich wieder nichts. "kann wieder reden, ich sprach und du hast geantwortet. wer weiß, wie das geht. ich sitzte hier im zimmer fest, sie lassen mich nicht gehen. ich war es nicht, aber sie sagen, ich hätte das haus angezündet". "was sagst du da? du warst das?!. ich hab dich gesehen, du bist weggerannt". "ja, aber weil es brannte. ich wollte zu dir und dann brannte es überall".  "ich will dich sehen, maler, ich habe viele fragen und wollte gerade ins dorf gehen, vorher nach tipsi sehen, der rhabarberinn". der maler antwortet nicht mehr. es rauschte im ohr. "ohr", sagte nepomuk, hielt den kopf schief, die hand am ohr und sah mich sorgenvoll an. "nein, nepomuk, mir tut das ohr nicht weh". ich sah die beiden an, "wo geht ihr denn hin, ich will ins dorf". "ich mit ihr", sagte nepomuk und die zwergin hielt seine hand. "gut, dann geh ich jetzt", sagte ich und war versucht nepomuk die hand zu schütteln. die beiden zeigten zum wald hin und dort gingen unzählige kleine lichter an, so daß ich den weg sehen konnte. sie waren so hell wie sterne und ich konnte nicht hineinsehen, dabei waren sie klein wie funken. die meisten standen still am selben platz, einige schienen vor mir herzuziehen, dann dröhnte der boden, als ob jemand durch den wald galoppierte. ich spürte einen windhauch über meinem kopf und eine feder streifte mich. es brauste und lärmte. dazu kamen geräusche von rädern und gestellen, die ächzten. immer mehr unsichtbare schienen vor mir auf den weg zu drängen, als wollten sie mir als schar dienen, hinter der ich sicher ins dorf käme. da war der wald zuende und die felder erreicht. nun sah ich auch das erste mal die mühle. als ich näher kam, war sie unheimlich. nichts deutete darauf, daß sie bewohnt war. dunkel stand sie dahinten und kein laut drang heraus. wenn sie schliefen, auch dann wäre es nicht so totenstill. nein tipsi war nicht mehr hier. ich rüttelte an der tür, doch sie war verschlossen und da sah ich das die fenster, die scheiben eingeworfen. es roch nach kaltem rauch. auch hier hatte es gebrannt, aber die mühle stand noch.



" es brauste und lärmte.
dazu kamen geräusche von rädern und gestellen, die ächzten"




Donnerstag, 12. September 2013

70. fortsetzung "nirgendwo"


auf der hohen düne angekommen, setzte ich mich. möwen strichen hinter den hügeln her und hoben sich über die sanften kanten, hielten sich einen moment fast auf der stelle und segelten weiter. ich sah das meer. nepomuk und die zwergin waren mitgekommen. pluto bewachte das haus, eigentlich die reisekammer, denn er lag dort auf der luke. die letzten tage waren ruhig und gesellig, denn mit nepomuk kamen auch die anderen zwerge ins haus. sie saßen in der runde und schauten, was die zwergin macht. sie machte meiner meinung nach nichts, doch das sahen die zwerge anders, denn sie nickten zustimmend, seufzten so tief, daß ich mitseufzte, oder summten. danach erhoben sie sich und gingen hintereinander weg, neigten sich zur seite, drehten sich auf der stelle, gingen wieder schnurstracks, neigten sich zur anderen seite, streckten die arme hoch und winkten, die hände flach, als trügen sie etwas über sich und wollten es zeigen. hatten sie genug getan, saßen sie so still in der runde, daß ich einschlief. "nepomuk, wo sind den die anderen?", denn heute war er nur mit der zwergin gekommen. "nicht da", sagte er und schaute aufs meer, das bis zu dem schnurgeraden strich reichte, auf dem sich am ende des tages die sonne niederliess und dahinter verschwand. es war schon dunkel. die augen der zwergin warfen noch etwas licht und bei nepomuk war es die rote mütze die leuchtete. ich konnte nichts dazutun und hätte ohne den beiden im dunklen gesessen. wir saßen lange schweigend und warteten auf das blinken der hellsten sterne. "da!, die sind schön", sagte nepomuk und zeigte auf die milchstrasse. die zwergin war aufgestanden. nepomuk erschrak. er zog an mir und ich drehte mich um. es brannte. das haus brannte. "nein!", mehr brachte ich nicht heraus. die flammen schlugen schon über die brüstung und dann fing es an zu knistern und zu knallen. die zwergin stieß einen hellen schrei aus. ich konnte nichts mehr hören, doch sie stand noch immer mit offenem mund und schaute zum himmel. ich sah auf das brennende haus hinunter und zitterte. nepomuk hielt sich die hände vor das gesicht. ein hund bellte. im schein der flammen rannte jemand davon. es ist ja zuweit weg, dachte ich, ich bin mir nicht sicher. "da rennt er", sagte nepomuk, er hatte ihn auch gesehen. das bellen kommt näher, dann springt pluto die düne hinauf und winselt. "ach pluto", sage ich, "jetzt haben wir kein haus mehr". die zwergin redete mit nepomuk. "die mutter kommt", sagte nepomuk. die mutter erschien über dem kieferwäldchen im nebelschwaden und legte sich um jeden zweig. so brannte das haus und der wald blieb verschont. als das haus nur noch glimmte, machten wir uns auf den weg. ich gruselte mich, sah schatten huschen und meinte neben mir das grinsende gesicht eines schnauzbärtigen zu sehen. es blitzte auf und war weg, ohne daß ich sagen konnte, ob es eine roter oder ein schwarzer bart war. da stand ich auch schon vor den glimmenden resten der treppe und sah in das gerippe der verbrannten balken. da war nichts mehr zu retten. alles war verbrannt. die reisekammer, dachte ich, wie soll ich jetzt fortkommen. ich hatte mich damit getröstet hineinzusteigen, doch sie war ja auch verbrannt. es konnte nicht anders sein.  




"die mutter erschien über dem kieferwäldchen im nebelschwaden
und legte sich um jeden zweig.
 so brannte das haus und der wald blieb verschont"


Mittwoch, 4. September 2013

69. fortsetzung "nirgendwo"


die zwerge waren nicht gekommen, lana blieb fern und auch tipsi meldete sich nicht. mir war es recht, denn ich war beschäftigt. ich hatte mich entschieden anzufangen. die folien waren gebracht worden und ich bereitet sie für den einsatz vor.  ich schnitt sie, lang wie breit, und legte das meterstück auf seinen platz. nun waren sie also vorhanden, die gründe, kein zweifeln hielt mich mehr ab. der entscheidende grund nun zu beginnen, waren aber nicht die gelieferten folien, sondern zwei pinsel, die ich vor jahrzehnten angefertigt hatte und die nun auftauchten. die pinsel, mit einem langen stiel aus bambus, lagen abseits des andern malzeugs. sie waren aus meinen haaren, aus den abgeschnittenten zöpfen hergestellt, mit bienenwachs gekittet und umgarnt. das sie hier waren, schien mir eine verschwörung, es war kein zufall. mit absicht lagen sie dort. nun hatte ich pinsel und grund und farbe, die ich im eimer mit wasser verdünnte. ich wusch und kämmte die pinsel, bis der filz heraus war. die verbliebene haar versuchte ich nun und tauchte heute diesen, am nächsten tag den andern pinsel, ein. da die farbe sich schon gesetzt hatte, begann ich zu rühren. ich rührte vorsichtig, die haare bedenkend, das wasser unter den bodensatz und wiederholte es mehrmals, teils, weil ich zögerte, aber auch, weil es ein gut tat, mich vorzubereiten, noch nicht zu tuen, abzuwarten, bis ich es wollte, denn ich hatte keinen auftrag, es war allein meine entscheidung, ich hätte es auch lassen können, ohne grund, so wie es jetzt tat ohne grund, als der pinsel grundlos wurde, weil ich ihn anhob. ich achtete darauf, die haare aus dem knäuel fallen zu lassen, in das sie sich beim rühren verfingen. als ich sie als locke erkannte, wollte ich sie anheben, aber der impuls brach ab und so wurden sie wieder zum knäuel und wieder zur locke. ich hob den pinsel heraus und trug ihn zur folie, wobei er kleckerte, was ich aber nicht beachtete, weil ich in diesem moment begann, den pinsel zu lenken. die farbe floss mit der bewegung in die linie, die spur, die er hinterließ, als signatur des weges, den er über die fläche nahm, und je nach aufenthalt oder eile, pfützen und striche schuf. in den pfützen meinte ich körper zu sehen und beeilte mich ihnen arme und beine zu verschaffen. schnell waren sie spindeldürr, langsam nur teilweise vorhanden. sie hüpften auf den linien herum, wurden selbst wieder zu linie und so wurde die signatur jeden tag neu. schon am zweiten tag, als ich die signatur des vortages mit weißer farbe übermalte, um sie deutlicher zu machen, sah ich, das ich auf der durchscheinenden fläche einen kommentar hinterlassen konnte und suchte einen zweiten platz, um die gestrichene folie bereitzulegen. von da an hatte ich mich an zwei plätzen zu sammeln. ich ging dann zuerst zur leeren folie,  trug danach den pinsel hinüber, um am anderen platz zu kommentieren. im wechselspiel fand ich leichtigkeit und traute mich mehr. am siebten tag kamen endlich die zwerge. nepomuk schaute herein und seine zwergin sah zu, wie ich den pinsel über die schüssel brachte und ihn zum ausspülen forttrug. die beiden standen und schauten sich das nasse bild an. "schön!" sagte nepomuk und die zwergin war mit mir einverstanden.   



"die beiden standen und schauten sich das nasse bild an.
"schön!" sagte nepomuk und die zwergin war mit mir einverstanden."