Samstag, 28. Dezember 2013

82. fortsetzung "nirgendwo"


"wenn es so endet, daß alle tinte in den stoff läuft, was soll ich dann noch ins buch bekommen", sprach ich zwischen die seiten, während sie mir durch die finger glitten. "sie haben nichts geschrieben", sagte die frau im pelz und streichelte meine hand, die immer noch den füller begrub. "schauen sie nur!", sie drehte mir die hand herum und betrachtete die tinte die noch feucht war, "ich beschmutze mich mit ihrer tinte, mein herr", dabei strich sie mit der fingerkuppe langsam durch die nasse tintenpfütze in meiner gekrümmten hand und pustete nach einer feder, die beinahe gelandete wäre. die feder flog auf der woge davon und landete kurz darauf trotzdem, abseits auf dem weißen, so daß ich sie nicht mehr beachtete. mich interessierte nur noch die schwärze, die sie mir ankündigte und mir ins gesicht trug. "wie zwei kastanien liegen ihre augen dort in ihrem gesicht, mein herr", sagte sie und betrachtete mich nachdenklich, dann fuhr sie mit fort,  "sie sind schwarz geworden, und die kastanien sind kaum noch zu sehen", flüsterte sie. "so" dachte ich, "schwarz bin ich". ich hatte die ganze zeit nach unten gesehen und noch nicht einmal ihren finger verfolgt. er war eine weiße motte, die herumflatterte, meinen starren blick kaum beeindruckte. ich starrte in die tinte, in die schwarze tinte. "nun sehen sie schon auf, mein herr, sie sollten nicht die ganze zeit nach unten schauen, sie sind schwarz geworden, na und, sehen sie mich an, bin ich es nicht auch, ganz schwarz, oder?". das klang fordernd, so daß ich nicht anders konnte und hinübersah. da sahen mich smaragdgrüne augen an, die tauchten aus der schwarzen haut auf, die sich über den knochen spannte.  "da drinnen tragen wir immer noch elfenbein und rotes blut strömt unter der haut. diese schwärze, mein herr, soll sie nicht beängstigen, ich bin schneeweiss und sie eine rothaut". ich verstand nicht, denn alle haut zeigte sich immer noch tiefschwarz.


Freitag, 13. Dezember 2013

81. fortsetzung "nirgendwo"


ich sah lange hinüber. erleichtert, endlich ruhe gefunden zu haben. es war so ein schöner anblick. und wenn es schepperte, war es kein schlüsselbund. löffel fielen in die tassen, und heisses wasser. es dampfte und zischte aus dem kupferkessel nebenan. eine parade weissen porzellans. salutierende hände in griffhöhe trugen volle tabletts, voll mit tassen und kuchen. feine finger hatten das schleifchen gebunden, an der schürze. feine finge hatten das weisse häubchen auf das dunkle haar gesetzt. als das tablett an mir vorbeischwebte, war da auch ein goldener ring mit grünem seelchen. er blinkte und ich schluckte tapfer, um nicht zu weinen. "sie haben feuchte augen, mein herr. haben sie geweint?". ich wurde angesprochen und war überrascht. sie stellte ihre schlittschuhe zurseite und öffnete den mantel, setzte sich mir gegenüber und befreite sich aus den ärmeln. "nein!", log ich, "meine augen sind..", ich suchte nach einem wort,".. gereizt, ..ja". sie glaubte mir nicht, aber widersprach nicht, sondern betrachtete mich, indem sie mir in die augen sah und den blick dort ruhen ließ, ohne daß er mir wehtat. nein, ich konnte mich sogar in ihren augen weiden. "stilles schaf, weisses lämmchen". "was reden sie da?, mein herr". ich flammte auf und fingerte am kragen. das half. sie sah mich, selbst als sie mich keck tadelte, noch so sanft an. sie beugte sich über den tisch und öffnete mir den kragenknopf, einfach so. dann glitt sie zurück und sank ins polster. sie streckte ihre beine und platzierte sie wie außenposten neben meinen. gefangen. auf dem kopf trug sie ein käppchen aus dem selben weissen pelz, wie der mantel. es saß so schief auf dem kopf, das es lustig aussah und wenn sie lachend mit dem rücken gegen die polster schlug, dann wippte es. "haben sie keine tinte mehr?". sie hatte bemerkt, daß vor mir das aufgeschlagene buch lag, und ich sah es auch. ich hatte keine ahnung, wie es dahin gekommen war. ich hatte einen füller in der hand und die hand ruhte darüber. er lag unter meinen fingern, die ihn fast zudeckten und dabei einen tintenfleck verbargen, der ins tischtuch gedrungen war, sich verbreiterte, bis der stoff nichts  mehr aufsaugte.



Mittwoch, 11. Dezember 2013

80.fortsetzung "nirgendwo"


ohne zweifel war ich nicht mehr dort, wo ich nichts erkannt hatte, wo ich nichts fand, das taugte, mir zu sagen, aha, dort bist du also, ausser gefecht, mit verbundenen händen zwar, aber voller gewissheit, über den aufenthalt. ich brauchte nicht mehr darüber nachzudenken, denn ich hatte mich ja wiedergefunden und das durchaus kommod im tiefen polster eines sofas, das in einem gasthaus stand. ich blickte mich um und sah durch die scheibe nach draußen. es war schon dunkel oder immer noch, aber das kümmerte mich auch nicht, denn das dunkel glitzerte wie eis, auf dem sich die laternen spiegeln. passanten mit schlittschuhen, die sie an den zusammengebunden riemen trugen, waren unterwegs, kamen von der andern straßenseite herüber oder begaben sich dorthin und verschwanden unter den girlanden aus  glühbirnen.



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79. fortsetzung "nirgendwo"


so sehr ich mich um meine geschichte bemühte, umso geschichtsloser wurde ich. der planet schien zu ruhen, als läge er im abzugsschacht, als wäre er eine flipperkugel, das licht aus und der automat ohne strom. keines der bunten bilder leuchtete auf, keine musik, kein gejaule. die hunde schliefen zu lange. der tag wollte nicht werden. die nacht war ohne stimme. einmal ein heisernes räuspern, ein kurzes klingeln von ein schlüsselbund, zu kurz, den schließer zu orten. es schien alles erst in vorbereitung, als hätten sie noch keinen plan, als wären sie beim brüten eingeschlafen. es war nicht sicher, ob sie weitermachen. vorerst saßen sie einzeln in kleinen kammern hinter den tischen und warteten ab. 



Samstag, 7. Dezember 2013

78. fortsetzung "nirgendwo"


ich konnte sie nicht aufhalten. der buchhalter schien das land  vermessen zu wollen, er war schon verschwunden. und die rhabarberinnen entschwebten, so leicht waren sie geworden. ich verlor meine geschichte. kein blatt hatte mehr eine rückseite. es löste sich einfach auf. wo war die schmetternde lerche hoch über dem feld. nur klirrende kälte. keine krähen, aber ein junger bussard, der zupfte etwas fleisch aus den krallen. mir flackerte ein gesicht auf und ich fand keine antwort. da ich nicht mehr folgen konnte, mußte ich bleiben. der ort an dem ich zurückblieb war unklar. filme folgten, ohne daß es mir gelang aufzustehen. könnte ich doch etwas ertasten das blieb. ich konnte die hände garnicht bewegen. sie lagen wie blei neben mir und ich  zweifelte, daß ich mich im freien aufhielt. die nachtschwester tauchte auf und versorgte die verwundeten. mich übersah sie oder sie sah mich nicht oder ich lag nicht dort. manchmal schien es mir, als wäre ich eine pistolenkugel, die ihr ziel sucht, nachdem sie die hand des bettlers durchschlagenn hatte und weiterflog. dann war ich wieder nur ein nasses laken. ich bekam schwer luft. wieder versuchte ich zu schlafen. "einfach träumen mein lieber junge". "klammer dich an die füße und flieg". "an die gelben krallen?". "nein, greif mein haar oder soll ich dich hochnehmen?". "nimm mich hoch". ihr haar roch gut und über der brust lag ein frisches weisses tuch. ich hustete und sie strich mir über die stirn.