Samstag, 19. April 2014

90. fortsetzung "nirgendwo"


es knallte. ich sprang zur seite. es war keine peitsche, die geknallt hatte. ich sah einen riss in der haut. aus dem riss quoll eine zähe weiße milch. sie tropfte zu meinen füßen und bildete ein pfütze. aus der pfütze sprang ein hase, den ich bei den ohren bekam und festhielt. er zappelte heftig, aber ich hatte ihn und zwang ihn still zu sein. ich hockte mich auf die erde und nahm den hasen fest an mich, deckte ihn mit der jacke zu, die ich noch hatte und versuchte ihn stillzuhalten. "ruhig, hase, sei doch ruhig". nun wartete ich, denn ich wusste nicht, was ich mit dem hasen anfangen sollte. ich könnte ihn laufen lassen. aber er war der einzige, der mir erschienen war, wo nichts war außer haut und flitter, der sich verfangen hatte, nichts dort zu suchen hatte und nun festgehalten wurde, wie ich den hasen festhielt. doch der lebte, war warm und sein herz schlug gegen die wand. die haut aber war kalt. da knallte es wieder und wieder und jedes mal quoll der dicke saft heraus und tropfte zu boden. pfütze um pfütze, bis sie zusammenflossen und ich am verbliebend fleck noch, aber nicht mehr lange verschont blieb, von der leckenden dicken flut aus milch. ich begann schon den hasen anzustarren, sein bild zu bannen, seine schönheit zu ergründen, da fielen die zerplatzen häute von oben herab in die pfützen. die dunkelheit öffnete den vorhang und alle schauten auf die bühne, auf der ich den hasen unter der jacke nicht mehr halten konnte. er entwischte und ich sah ihm nach. nun wollten sie mehr, den der applaus wollte nicht enden. artig machte ich einen diener nach dem anderen und blickte nach den seiten, ob sich dort etwas tat, erwartete das sich die mitspieler erbarmten und herauskamen. aber niemand kam. auch der hase nicht. also erinnerte ich mich an ein  lied, das ich früher einmal vorgetragen hatte. ich fing an und kaum klang die melodie zu ihnen herüber, erreichte die aufgewühlten herzen, da jubelten sie um so lauter und stimmten ein. noch einen diener und der vorhang fiel. auf der bühne ging das probenlicht an und ich hörte sie noch ein weile, ihre versuche, mich erneut hinauszulocken, aber ich blieb wo ich war, in einen alten polstersessel und streckte die beine von mir und pustete vor erleichterung und weil ich wieder zurück war in der welt, wenn auch erst mal nur auf der bühne. ich beschloss zu warten, bis sie gegangen waren und hoffte, daß das licht anblieb und ich irgendwie den ausgang zu stadt fand. es war sicher abend und das publikum hatte es verraten, als es nach maiglöckchen duftete, ja es war mai.



die dunkelheit öffnete den vorhang 
und alle schauten auf die bühne, 
auf der ich den hasen unter der jacke nicht mehr halten konnte

Mittwoch, 9. April 2014

89. fortsetzung "nirgendwo"


kaum waren die kinder gegangen, brachen die bläser ab, ließen die instrumente rülpsen und knattern. ein kalter wind wehte durch die geöffneten fenster. die lichter waren ausgegangen. das fest zünde  im fahlen licht sah ich den bürgermeister aus dem becken steigen. er fand nichts, in das er sich einhüllen konnte und als er mich erblickte zauderte er, kam dann aber auf mich zu und stand zitternd und nass vor mir. "was soll das nur?",  fragte ich und sah traurig auf den fetten mann, der die sprache verloren hatte und mit offenem mund versuchte einen ton herauszubringen, wobei er mit dem finger auf mich deutete und um meinen mantel bat, an dem er zupfte. ich gab ihn her und ging ohne abzuwarten fort. das schloss war kalt und leer. ich floh, eilte nach draußen und sah die verfluchten mauern ein letztes mal an. nie mehr wollte ich hierher kommen. in der ferne spielte die band wieder und auch mich zog es dahin, in die ferne. ich schwang mich auf und ganz mühelos bewegte ich die schwingen. ich drehte mich unter den bauch des tieres und flog mit ihm. da erschien mitten im himmel ein tor aus stehender durchscheinender haut. sie schien flüssig, wie wasser, aber zerfloß nicht und strahlte. darin hingen kleine fetzen, die kostbar glänzten und schillerten. ich verließ das tier, das mich sanft zu boden gelassen hatte und stand nun allein vor dem tor. 



"was soll das nur?",  fragte ich 
und sah traurig auf den fetten mann, der die sprache verloren hatte 
und mit offenem mund versuchte einen ton herauszubringen, 
wobei er mit dem finger auf mich deutete und um meinen mantel bat