Freitag, 5. September 2014

106. fortsetzung " nirgendwo "


nach einer weile fand sich ein weg. erst war ich über das stoppelfeld gelaufen. am weg entlang zog sich ein graben, der war mit entengrütze bedeckt und das schöne grün streichelte meine augen. die einöde hatte sich gewandelt. felder mit sonnenblumen kamen näher. als ich nebendran war, hatte ich immer noch den graben zur seiten. da zwitscherten wieder vögel. aus dem graben gluckste es. ich schaute nach, dachte an kröten, aber endeckte keine. unter der entengrütze wühlte etwas herum, daß sich aber nicht zeigte. "vielleicht ein wels" dachte ich, "der kann ja gehörig groß werden". "soll er mir doch geselle sein und nebenan mitziehen", sagte ich mir und schritt pfeifend dahin. der graben war breiter geworden und der wels schien nicht alleine zu sein, so sehr gluckste und rumorte es da unten. da brach etwas durch die grütze hindurch, bäumte sich auf, pferde mit einem wagen, einer kutsche, auf dem bock saß einer und hielt die zügel. alles war noch überzogen mit schlick und grünzeug, sah aus wie grüne haare. der kutscher war darin verborgen. da kam eine furt und der wagen lenkte vor mir auf den weg und hielt. die pferde bliesen die nüstern frei und dampften. nur der auf dem kutschbock wollte nicht aufwachen. doch seine pfeife kroch heraus und qualmte. "wer raucht, muss am leben sein!" schloß ich daraus und stieg hoch zu ihm, putzte ihm das grün vom gesicht und da wachte er auf, hob die hand und schruppte sich selber frei. der alte mit bart und brauen, die wie ein vorhang über seine augen wucherten, nickte mir zu. er sah zufrieden aus, gerade aufgewacht, eben noch im naß und schon trocken, wie gefönt, erstaunlich. auf der ladefläche zappelte ein fischlein im grünen geschlinge. ich wollte ihn greifen, da hüpfte er mir davon. ich sprang auf dem kutschbock und der wagen lief schon. "anton" sagte der kutscher und reichte seine hand, worin meine verschwand. "punkt karo", erwiderte ich. "hüh!" anton zog die zügel an und brachte die pferde ins traben. da zog die landschaft an uns vorbei und ich wollte nicht aufhören zu pfeifen und zu singen. anton zog ab und zu an der pfeife. so waren wir beide guten mutes und es ging voran. der wagen lief flott dahin. der tag verstrich schnell und und neigte sich, so das es dämmerte. zum abend hielt anton  vor der schenke, die da auftauchte, und führte die pferde zum trinken. ich ging voran in die stube und fragte nach einem nachtlager. an allen tischen waren leute, die laut  redeten, tranken und speisten. die wirtin wies mir einen platz und bat mich um geduld. dann trug sie ein essen weg, noch eines und so fort. ich hatte bereits eine glas vor mir und trank. das bier war frisch und köstlich. auch ich bekam mein essen, einen gulasch. "so lange kann es doch nicht dauern, die pferde zu versorgen", dachte ich und ging hinaus um nach anton zu sehen, doch die kutsche war weg. "was für ein spuk, schon wieder".die wirtin hatte jetzt zeit und ging mit mir nach nebenan, um mir den raum zu zeigen, in dem ich schlafen sollte. sie rief  kurz hinein und ein mädchen kam heraus, artig, schaute mich kurz an und blieb draußen, als mir der raum gezeigt wurde. die wirtin nahm das kind mit sich und ließ mich allein. ich machte erst gar kein licht, sondern lies mich ins bett fallen und schlief sofort ein. 



"wer raucht, muss am leben sein!" 
schloß ich daraus und stieg hoch zu ihm, 
putzte ihm das grün vom gesicht



Donnerstag, 4. September 2014

105. fortsetzung " nirgendwo "


nachdem er den hörer eingehängt hatte, ging er nach nebenan und kam mit einem gewehr über der schulter zurück. er kramte in seinem tisch und stopfte den rucksack voll. dann kam er zu mir : "du kannst gehen!, wir können dich nicht mehr gebrauchen", dann ging er entschlossen durch die tür. ich sah im hinterher. jetzt ging er langsam, rückte das gewehr einige male zurecht, bis es er sich schickte. nun machten die hände mit beim marschieren. "da geht er und muß in den krieg, der arme". ich stand auf, öffnete das  fenster ganz weit und sah, daß sich in dieser richtung nichts tat. da schien alles ruhig zu sein. "dann gehe ich dort lang!", nahm ich mir vor. ich suchte die stadt, doch ich sah sie nicht. "da sind wir ja weit weg!" ich ging einmal ums haus, um keinen richtung auszulassen. dann ich sah ich sie doch noch, wenn sie das war, dahinten, so weit weg, daß ich mich fragte wieso sie mich hier raus gebracht hatten, zu diesem auswärtigen posten. "hatten sie die reviere dort schon vorher geschlossen, war der krieg schon an die stadt gerückt?". ich kniff die augen zusammen und suchte den horizont ab. keine rauchschwaden und auch keine kampflärm. die grenze war weiter entfernt. das ist schlimm, wenn der nachbar zum feind wird, über die grenze kommt und die häuser zerschießt. ich ging wieder hinein und da das haus so still war, dachte ich mir, "dann kannst auch nachsehen, was sich hier findet". ich mußte mich ja versorgen, wenn ich weg wollte von hier. es war ausgeschlossen, daß ich in die stadt zurückkehrte. ich steckte mir die taschen mit russischem brot voll, davon war noch genügend da. "tee, ja, falls ich ihn irgenwo aufgießen kann". alle räume waren verlassen und ich fand nichts brauchbares mehr. ich goß nochmal die blume, "besser einmal mehr,  sie soll nicht gleich verdursten, wer weiß, wann jemand auftaucht". ich war wieder unsicher, "sollte ich nicht doch versuchen, zurück in die stadt zu kommen, ins theater, zu den anderen?". "du kannst anrufen und fragen", fiel mir ein. das telefon ging noch. da ich keine nummer kannte, klopfte ein paar mal auf die gabel und glaubte schon, es wäre geglückt, als ich stimmen hörte "hallo zentrale!" rief ich, "bitte, können sie mich verbinden, mit dem theater!". "ist dort jemand, der mich versteht?", fragte ich in das geschnatter hinein, "hier ist punktkaro. können sie verbinden. mit dem theater!" wiederholte ich mich. es schnatterte nur und das schnattern war mir mit einem male vertraut. "hier ist punktkaro, der freund von lana und tipsi!", rief ich aufgeregt. die rharbarerinnen schnattern weiter, bis plötzlich eine vertraute stimme sagte, "punktkaro, hier ist lana .wie geht es dir?". "lana, lana, wie ich mich freue, was ist nur los, sag doch, was passiert ist?". "ach punktkaro, es ist fürchterlich. erst waren es nur die agenten, du kennst sie ja, hast ihnen selbst erbsen verabreicht. aber jetzt ist wirklich krieg. wir rhabarinnen können nichts tun, den zu beenden.", da seufzte sie. " ich sitze hier und funke mir die finger wund". "wo bist du lana, kann ich dorthin?". ach ich sehnte mich so nach ihnen.  "wir sind im raumschiff und kreisen verborgen. wir können nur beobachten.  ich versuche die reisekammern offen zu halten. ich mußte schon einige schließen. du solltest dich auf den weg machen!". "wohin, lana, in welche richtung soll ich gehen?". "geh über die felder, weg von der stadt, lieber, lieber punktkaro". sie herzte mich mit ihren worten. "sobald ich etwas neues erfahre, melde ich mich, ich bin bei dir, lieber!. nah bei dir!". "ja, lana, ich spüre es!". 



 

die rharbarerinnen schnattern weiter, bis plötzlich eine vertraute stimme sagte, 
"punktkaro, hier ist lana .wie geht es dir?"

Mittwoch, 3. September 2014

104. fortsetzung " nirgendwo "


der polizeiwagen mußte einen umweg nehmen, da auf der hauptstraße, ein heiliger, ein guru, der auf einem blumengeschmückten lastwagen thronte, gefolgt von einer singenden menge, die straße sperrte. "gut so, das heilt", dachte ich und konnte die prozession eine weile beobachten. wir fuhren auf einer nebenstrasse, von der man hinübersehen konnte. die laternenmasten wirkten wie taktstriche, der gesang ebbte auf und ab, von der andern seite klang ein echo. die durchsage, die der fahrer unverschlüsselt erhielt und die ich mithören konnte, klang beunruhigend. alle polizeiwagen waren zur grenzsicherung abkommandiert. der feind griff an und es war höchste not. ich, der ich keine partei nehmen konnte, da ich hier fremd war, den krieg aber fürchtete, saß gefesselt auf dem rücksitz. "wo soll ich nun hin?", dachte ich. der wagen hielt schon am revier.  wir hatten die stadt hinter uns gelassen. das haus stand allein. dahinter staffelten sich felder unter den krähen. ich wurde schnell herausgeholt und hineingebracht. sie hatten mich vor den tresen gesetzt und eilten davon. ein dickleibiger polizist saß dahinter, fragte mich nichts und sagte auch nichts. "da werde ich wohl hier warten müssen", raunte ich und war froh daß sie mir die arme nicht hinter den rücken gebunden hatten. so konnte ich es mir bequem machen und streckte die beine aus. ich verbrachte die zeit damit, den dicken zu beobachten. allmählich verspürte ich hunger. "ich habe hunger. kann ich etwas zu essen haben?", fragte ich. eine antwortet bekam nicht. als wäre der raum mein gegenüber und die person nur staffage, achtete ich auf jedes geräusch. manchmal schlug ein fensterflügel und ein wind pustete über den tisch, wirbelte alles auf und schüttelte das blümchen, das dort stand. gerade war es gegossen worden. endlich sprach er etwas,  "alles was du haben kannst, ist tee und hier ist noch russisches brot, das ist alles". er brachte mir einen napf damit, eine tasse tee und nahm mir die handschellen ab.  ich bedankte mich freundlich und lobte das russische brot, das ich jahrelang nicht mehr geknabbert hatte. "knochenhart!", erinnerte ich mich, "musst es in den tee ducken" schien er zu sagen, als er mich beobachtete  und freundlich nickend bestätigte, daß ich es richtig machte. ich nuckelt am süßen harten brot herum und schlürfte heißen tee, mit beiden händen. "punkt zwölfe!", die uhr zeigte es an, quakte der lautsprecher an der wand, ein dahingesprochener appell, gealtert, wie das band von dem er abgespielt wurde, dann folgte ein das lied. der dicke stand stramm und wartete bis zum ende, obwohl keiner da war, der ihn verpetzen konnte, sollte er es versäumen, zu salutieren. "es wird ihm eine herzensangelegenheit sein, er scheint ein wahrer patriot zu sein", dachte ich und blieb ernst, um mir seine gunst zu erhalten, erhoffte ich mir doch weiterhin gute behandlung.





manchmal schlug ein fensterflügel und ein wind pustete über den tisch

Dienstag, 2. September 2014

103. fortsetzung " nirgendwo "


"punkt karo, wie sie sich nennen, einen ausweis haben sie nicht dabei?" fragte der eine. "und ihr nachbar, wo ist er? öffnen sie die taschen!", verlangte der andere und zeigte mit dem finger drauf. "die sind leer, da ist nichts drinn!", und ich griff nach der tasche, um sie in der luft herumzuschleudern, zu zeigen wie leicht sie ist, aber der schwung wurde jäh gebremst und was ich dann mit mühe nach oben brachte hatte zuviel gewicht, um es locker herumzuschleudern, zudem beulte die tasche unter ihrem inhalt. sie konnte sich unmöglich als leer erweisen. "noch ein spuk", dachte ich und lies sie fallen. "öffnen sie jetzt die taschen!", verlangte der polizist und duldete keinen widerspruch.  ich kapitulierte und zog unter den blicken aller eine tüte heraus und als ich sie hinhielt, nahm sie der polizist. die beiden, die sich ganz harmlos als ehrliche finder gaben und schon wähnten sich herausgemogelt zu haben, traten nun als wichtige zeugen und ankläger gegen mich auf  "er ist der mörder!", schrien sie und zeigten auf den kopf, den der polizist am schopf hielt, gegen alle regeln. "punkt karo, sie sind festgenommen!", ich starrte auf den kopf meines nachbarn. john lag in den taschen, das war nun klar. ich war in verdacht geraten. denn wer, außer mir konnte die taschen in den kanal geworfen haben. zwei die es bezeugten standen da und feixten. selbst, wenn bei der anstehenden hausdurchsuchung herauskam, das john tod, ein frauenmörder war, bedeutete das keineswegs, daß ich dann als unschuldig galt. man würde mir unterstellen, ich hätte ihn hingerichtet, hätte mir angemaßt, das urteil über ihn zu fällen und in gleicher weise zu vollstrecken, so wie er es seinen opfern angetan hatte.   ich selbst begann zu zweifeln, den es schien ohne sinn, daß john zerstückelt in den taschen lag, und sie trotzdem mit mir zum kanal brachte. wie konnte er das tuen, da er selbst, und da lag er, drinn war. "ich weiß nicht was hier los ist, aber ich bin es nicht gewesen!" mehr brachte ich nicht heraus, als sie mir die handschellen anlegten und mich zum wagen führten.   "armer punkt karo!" schnäuzte mir ein taschentuch entgegen und ich schaute aus dem fenster. gerade tauchte die morgenröte auf und es schien wieder ein heißer tag zu werden.




"er ist der mörder!", schrien sie und zeigten auf den kopf, den der polizist am schopf hielt

Montag, 1. September 2014

102. fortsetzung " nirgendwo "


"hey, laßt das!", rief ich den beiden zu, die nach den an der kaimauer gelandeten taschen angelten. die taschen waren nicht versunken. sie waren wohl zu leicht. mir kam es schon beim tragen so vor, daß sie an gewicht verlieren. mit jedem schritt schienen sie leichter zu werden. die da unten blickten rauf, aber kümmerten sich nicht um mich. auch, als ich nochmals rief, wollten sie nur ihre beute an land bekommen. "sollen sie doch tun, was sie nicht lassen wollen". aber jetzt, da sie mich gesehen hatten, würden sie da nicht falsche schlüsse ziehen und mich für den halten, der die taschen ins wasser geworfen hatte. "ich weiß zwar nicht, wem die taschen gehören", log ich, "aber ihr solltet lieber die finger davon lassen!". die blieben stumm, wenn sie auch kurz davor schienen unflätig zu werden. ich werde sie aus der reserve locken, "he, ich komme gleich runter und mache euch beine!" das war zuviel, einer zückte ein messer und drohte mir. jetzt hatten sie die taschen an land. ich wollte nicht mit ansehen, was sie hervorbrachten, wenn sie den reissverschluss öffneten. aber ich starrte trotzdem weiter hinab. gleich werden die leiche finden. der mit dem messer wird raufkommen und mir ein paar stiche verpassen, wenn ich nicht schnellsten verschwinde. aber als der reissverschluss offen war, da schien nichts mehr in der tasche zu sein, denn sie starrten wie in ein loch, in dem nichts zu entdecken war.   jetzt würde die hand folgen, um zu tasten. bevor der aber mit den händen hingreifen konnte, quoll heftig rauch hervor und formte sich zu einer gestalt. schon schwebte ein großer engel über ihnen. der schlug seine flügel zusammen, daß es klatschte. er schlug sie mehrmals zusammen und es klang wie donner. das kanalwasser brauste und eine bugwelle schnellte hindurch, ohne daß ein schiff zu sehen war. die welle schwappte über die kaimauer hin zu den beiden, die dort gebannt standen, wollte sie weglecken, da war der engel schon bei ihnen und hielt sie am platz. auch die taschen blieben unversehrt und der engel öffnete die, welche noch verschlossen war, daß auch hier der engel herauskam. da entfuhr der verbliebenen tasche der andere engel, der eine frau mit sich brachte, die er an der hand hielt. die engel nahmen sie in ihre mitte und stiegen mit ihr auf. die taschen standen wieder verschlossen, bei den beiden, die sie herausgeangelt hatten und die noch gebannt dastanden, den engeln mit der frau nachblickten, wie sie dort über ihren köpfen die himmelfahrt vorbereiteten. der engel der eine tiefe stimme hatte, kündigte an, "melissas himmelfahrt!", wobei melissa, mit einem strahlenkranz versehen wurde, so, daß sie nun zwischen den beiden weißen engeln glänzte und ihr gewand glitzerte. die engel stimmten zweistimmig den choral "frei ohne sorgen..." an. ich hatte meinen logenplatz, trotz der mir drohenden gefahr nicht verlassen und blieb auch noch, als die himmelfahrt vom heulen der polizeisirenen gestört wurde, worauf der gesand der engel noch mächtiger tönte. die polizeiwagen hielten hinter mir und die polizisten kamen herüber. solange die himmelfahrt stattfand, konnten sie sich  nur mit zeichen verständigen, so laut brauste der engelsgesang über uns. die beiden engel stiegen mit melissa in der mitte nicht einfach senkrecht nach oben, sie flogen kurven, formten spiralen, sprengten zur seite und stürzten von oben herab bis fast zu boden, schossen dann heran, wie die wilde jagd, melissa mit feurigen augen, die arme voran mit drohender faust. dann griff einer der engel nach der ermatteten melissa und trug sie mit den händen, zeigte melissa allen und ein letztes "frei ohne sorgen" erklang, womit sie sich verabschiedeten und wie eine rakete nach oben schossen. plötzlich war es still. "was machen sie hier", fragte einer. ich war noch im taumel des eben geschehenen und blickte ohne gleich zu antworten. ich folgte den polzisten nach unten. "was ist in den taschen?", fragten sie. die beiden, denen ich jetzt erst nahekam, zuckten die schultern,  "sind das ihre taschen?". hierbei waren sie sich nicht einig. einer sagte "ja", der andere "nein". dann sagten beide und zeigten auf mich, "der hat die taschen ins geworfen!" "nein!" sagte ich, "das war john, das war mein nachbar john tod, ich habe ihm nur beim tragen geholfen". die beiden blieben dabei, nur mich gesehen zu haben und gaben sich als finder aus, die sich einen lohn erhofften, deshalb hätten sie die taschen an land gebracht.  


die engel nahmen sie in ihre mitte und stiegen mit ihr auf